Der Tischler und die Roboterzelle
Geschichte erschienen in: Holzmagazin 6 / 2018
Foto: Josef Gigler, Inhaber Gigler Holz Design (c) Gigler Holz Design
Gigler Holz Design lotet für das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung die Möglichkeiten der Robotik aus.
Im Juni diskutierten beim Symposium ROBinWOOD an der Kunstuniversität Linz Experten verschiedenster Fachrichtungen die digitale Beziehung von Planung und Fertigung. Einer von ihnen war Josef Gigler, Gründer von Gigler Holz Design. Er ist Inhaber der bayrischen Schreinerei und Herr über 15 Ingenieure, Meister, Techniker, Schreinergesellen und Lehrlinge. Und er ist ein rastlos Suchender. Seine Neugier trieb ihn nach der handwerklichen Ausbildung, dem Meister, einer Ausbildung zum Baubiologen auch zur Ausbildung zum 3D Konstrukteur und Betriebsinformatiker. Er begann 1995 mit Programmen wie Catia aus der Autobranche, ProF aus dem Ingenieurbau und AutoCAD konstruieren zu lernen. Über die Jahre hat er ein Gesamtkonzept für seinen Handwerksbereich erarbeitet, weil ihm die vorgegebenen Grenzen zu eng waren.
“Wenn der Roboter macht, was ich der Designer, Architekt, Künstler, Handwerker denkt, nur dann wird die Robotik den von mir erwartenden grenzenlosen Mehrwert haben.”
Werkzeugsystem und Roboterbearbeitung
Josef Gigler: „Wir setzten in der Konstruktion AutoCAD 3D, Imos, Rhino und Grasshopper ein. In der Warenwirtschaft, Kalkulation u. Zeitwirtschaft S-Plus und in der Schnittoptimierung und CNC-Software Homag ein.Die gesamten Programme sind untereinander komplett verknüpft und dadurch haben wir einen durchgehenden Datenprozess von der Konstruktion über die Kalkulation zur Produktion bis hin zur Nachkalkulation.“ So entstehen nicht nur komplexe Innenausbauten, ungewöhnliche Messestände mit Freiformbalken, sondern auch komplette tektonische Nilmodelle für Ausstellungen. Das ist aber noch nicht das Ende der Fahnenstange. Gigler: „Es gilt jetzt noch den next step zu gehen und die handwerkliche Tätigkeit in einen durchgehenden flexiblen Prozess direkt auf den Roboter bzw. auf Produktionsanlagen zu transformieren. Dieser Schritt wird ganz neue Möglichkeiten im Verbund von Handwerk, Gestaltung, Design und Technik für die Produktion und Endmontage liefern.“ Er glaubt das in Zukunft die Produkte aus der Kombination aus einem flexibler Werkzeugsystem, das computergesteuerte Formen für die Mehrfachanwendung bereit stellt, und aus flexibler Roboterbearbeitung, die grenzenlose Gestaltungsfreiheiten liefert, gefertigt werden.
(c) Gigler Holz Design
Forschen mit der Roboterzelle
Diese Überlegung kann auch das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung etwas abgewinnen. In seinem Auftrag entwickelt Gigler Holz Design daher gerade eine flexible Roboterzelle. Dafür wird ein Gebäude gebaut, in das ein Roboter auf einer Linearachse mit ca. 10m Länge installiert wird. An dieser Zelle wird dann drei Jahre entwickelt, angewendet und optimiert. Gigler: „So können wir uns auch die Zukunft unserer Schreinerei vorstellen, da dies ein Anfang voller neuer Möglichkeiten ist, Projekte zu realisieren und Architektur nachhaltig zu verändern.“ Er plädiert dafür, sich die Mühe zu machen, Digitalisierung und Industrie 4.0 zu verstehen. Denn die Digitalisierung sei nur Mittel zum Zweck. Und bei aller Neugier, ist die Basis für seine Entwicklungsfreude, nach wie vor der Handwerker, denn: „Menschliche Kreativität ist Ursprung des Möglichen und der Veränderung! Roboter werden schnell Algorithmen abarbeiten können, doch Kreativität werden sie nicht können. Da steckt unser Potential. Wenn der Roboter macht, was ich der Designer, Architekt, Künstler, Handwerker denkt, nur dann wird die Robotik den von mir erwartenden grenzenlosen Mehrwert haben.“