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Bewahren und erneuern

Bewahren und erneuern

Vollständige Covergeschichte erschienen in: Holzmagazin 2 / 2018
Foto: Cover Holzbaumagazin 2 (c) Starmühler Verlag

 

Ein geistliches, historisches Ensemble sensibel zu sanieren und gleichzeitig modern zu erweitern gehört zu den schwierigsten architektonischen Herausforderungen. Bei der Vorarlberger Propstei St. Gerold ist es dem Architektenteam von Architekten Hermann Kaufmann ZT sehenswert gelungen.

Die Benediktiner-Propstei Sankt Gerold war in den 1960er-Jahren baufällig und nicht umfassend genutzt. Unter der Führung von Pater Nathanael Wirth, entwickelte sie sich jedoch zunehmend zu einem Ort der Begegnung und der Kultur. Und damit nahm die Anzahl der Besucher und Gäste zu. Die bauliche Struktur hinkte da jedoch hinterher: Eine Herausforderung für das Architektenteam der

Architekten Hermann Kaufmann ZT GmbH unter der Projektleitung von DI Stefan Hiebeler. Die historische Substanz sollte gleichzeitig den neuen Anforderungen mit Gastronomie und Hotellerie gerecht werden, das geistliche und historische Erbe sollte aber bewahrt werden. Den nur so kann die Benediktinerpropstei, die bereits seit rund 1000 Jahren in Sankt Gerold steht, laut Bauherren Propst Kolumban Reichlin „langfristig ideell und materiell auf solidem Fundament weiterbestehen.“ Der Umbau im Bestand erforderte daher einen besonders sensiblen Balanceakt zwischen Bewahren und Erneuern von den Planern.

Generalsanierung in sechs Phasen
Die Klosteranlage, deren Mutterhaus das Kloster Einsiedeln in der Schweiz ist, liegt auf einem Geländesattel an der steilen Nordflanke des Großen Walsertals. Diese Lage zieht Seminar- und Kursgäste, Urlauber, Kinder und Erwachsene, die zum therapeutischen Reiten in die Propstei kommen und Gesellschaften für Hochzeits- und Familienfeiern an. Der Hotelbetrieb und die Gastronomie bilden das wirtschaftliche Fundament des Hauses. Ein kulturelles Programm mit Konzerten, Lesungen und Vorträgen ergänzt das Angebot vor Ort. Da die bestehende Infrastruktur teils überaltert und störungsanfällig geworden war, war eine Gesamtsanierung unumgänglich. Die erste Etappe beinhaltete die Erneuerung der Gastronomie. In einem zweiten Schritt ergänzen zusätzliche Gästezimmer die Herberge. Die dritte Etappe umfasst den nördlich gelegenen Riegelbau mit Dienstwohnungen. Erst in der vierten Phase ist das Haupthaus an der Reihe, das sich dann wieder in seiner ursprünglichen historischen Anordnung zeigen wird. Zum Abschluss sind im fünften und sechsten Bauabschnitt die Sanierung des für Seminare und Hochzeitsbankette genutzten „Wyberhuses“ und der Kirche vorgesehen.

Authentisch und ästhetisch
Architekt und Projektleiter Stefan Hiebeler schildert, was ihm und seinem Team bei der Sanierungs-Planung besonders wichtig war: „Besonders wichtig ist die Auseinandersetzung mit der historischen Substanz. An ihr weiterzubauen bedeutet, sich in die Geschichte des Ortes einzuschreiben: Jeder Eingriff beeinflusst dieses fragile Gleichgewicht und muss mit Bedacht ausgeführt werden. Im Vordergrund steht eine unaufdringliche und räumlich präzise Architektur, die sich in einer ebenso akkuraten handwerklichen Umsetzung äußert. Bauliche Maßnahmen sollen Ruhe, Geborgenheit und Qualität des Ortes bewahren.“ Das Materialkonzept sah daher den Einsatz von unverfälschten, handwerklich verwendeten Materialien vor. Es ist insgesamt sehr zurückhaltend und auf wenige Materialien reduziert. Damit schafft es eine Verbindung zwischen den verschiedenen Epochen und Stilen, die in der Propstei aufeinandertreffen und führt alt und neu natürlich zusammen. Holz spielte dabei eine entscheidende Rolle. An den Wänden zeigt sich diese architektonische Haltung im rift bis halbrift geschnittenen Eschentäfer, das großteils aus dem eigenen Forst stammt. Der Boden besteht aus sägerauer Esche, die ebenfalls aus dem Propsteiwald stammt. Hiebeler: „Die Baukultur in Vorarlberg wird ganz besonders geprägt vom Baustoff Holz und seiner Verarbeitung. Tradition und Innovation stehen dabei in lebendigem Wechsel. Dem sind wir als Architekten verpflichtet. Holz ist authentisch, regional, traditionell. Und Holz hat hervorragende raumatmosphärische Eigenschaften. Es fühlt sich warm an und hält warm, es riecht gut, es dämpft den Schall und mildert harte optische Kontraste.Für eine Architektur, die sich zunehmend räumlicher Atmosphären annimmt, ist Holz ein natürlicher, ästhetischer Baustoff.“ Den Höhepunkt der ersten Bauetappe bildete der „Spycher-Saal“, der einst als Heustock für den darunter liegenden Pferdestall diente. Denn über dem Saal ruht ein imposanter intakter Dachstuhl aus dem Jahre 1683, der aus statischen Gründen um wenige Balken ergänzt werden musste. Um die Atmosphäre auf das Maximum zu verdichten, ist der Saal auf das Wesentliche reduziert. Nach der Sanierung verstellt heute nichts den Blick auf die Konstruktion und die rauen Mauern mit Originalputz aus dem 17. Jh. Der Innenausbau mit Holz vermittelt einen hochwertigen und gleichzeitig schlichten Eindruck. Der dazu passende neue sägeraue Boden, wird vom Hausherrn Pater Kolumban bereits besonders geschätzt, denn: „Jede Nassreinigung ist eine Offenbarung, wenn anschließend jeweils frischer Holzgeruch den Raum neu erfüllt.“ 

Moderne, zeitlose Schlichtheit
Und auch die Gegenwart hat ihren Platz in der Propstei erhalten: Über den Hof hinweg bietet im Eingangsbereich ein Panoramafenster einen eindrucksvollen Blick ins Tal. Da die Wand ohnehin unterfangen werden musste, bot sich die Gelegenheit, mit einem großen Fenster das 21. Jahrhundert in die Klosteranlage einzulassen. Mit derAnpassung der Gastronomie und Hotellerie zog auch eine moderne Architektursprache in das gesamte Ensemble der Anlage. Dabei waren die Eingriffe in die historische Bausubstanz teilweise durchaus tief. Der Klosterladen im ehemaligen Tenn liegt unter Terrain. Um genügend Tageslicht ins Innere zu führen, musste die Decke weichen und Platz für einen zweigeschossigen Raum schaffen. Während der Bauarbeiten klaffte dabei eine riesige Lücke im langgezogenen Ökonomiegebäude - das Dach war mit Baumstämmen abgestützt. Die Lichtführung im Ladenbereich dient aber auch den angrenzenden Räumen, da sie Tageslicht bis tief ins umgebaute Gebäude bringt und die beiden Geschosse visuell miteinander verbindet. Ein neuer Aufzug bildet das zentrale Element, um das Restaurant barrierefrei nutzen zu können. Der Anbau, in dem die neue Küche untergebracht ist, wurde als zeitgenössischer, funktionaler Holzbau umgesetzt. Restaurant, Treppenhäuser und Gästezimmer fügen sich jetzt mit ihrer zeitlosen Schlichtheit und Eleganz perfekt in die historische Umgebung ein. Dabei stammt das Holz für den Innenausbau stammt auch aus dem Forst, den das Kloster bewirtschaftet. Und die dafür benötigten Eschen wurden im Rhythmus der nachhaltigen Nutzung geschlagen. Architekt Hiebeler unterstreicht: „Die entwerferische Haltung äußert sich in vielen Details. Ihre handwerkliche Herkunft bleibt eindeutig ablesbar, aber sie ist frei von Zierrat.“ Und diese moderne, präzise Architektur schafft es mit ihrem Minimalismus wohltuende Ruhe und Konzentration auszustrahlen. Die sensitive Verbindung von historischem Erbe, behutsamer Sanierung und moderner Architektur ist hier geglückt. Und erhielt dafür 2017 beim Vorarlberger Holzbaupreis in der Kategorie Sanierung auch eine Anerkennung. 

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