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Zu viel Hitze

Zu viel Hitze

Covergeschichte
Vollständige Geschichte erschienen in: FRISCH Magazin No. 44 / 2019

Die heissen Tage werden immer mehr, die Schneegrenze sinkt und die Saisonen verschieben sich. Sind Gastronomie und Tourismus ausreichend auf den Klimawandel vorbereitet? Eine Momentaufnahme.

Die Hitzeperioden beginnen immer früher und dauern länger. Die Winter werden kürzer, die Gletscher schmelzen und der Permafrost schwindet“, beobachtet Hotelier Stefan Hütter schon länger den starken Wandel bei Temperaturen und Klima in den Alpen. Das habe auch Auswirkungen auf das Buchungsverhalten, sagt der Chef des Südtiroler Biorefugiums theiner’s garten: „In unserem wichtigsten Markt Deutschland sind die Sommer heute so heiß, dass die Gäste häufiger abwarten und sich sehr kurzfristig für eine Destination entscheiden. Das erschwert die Planung sehr“, sagt er. Entwicklungen wie jene, die Hütter für seinen Betrieb schildert, beschäf-tigen heute die ganze Branche. Dabei sind sie nicht neu. Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFW) hat bereits in den Jahren 2007 bis 2012 mehrere Studien zum Thema Klimawandel und Tourismus in Österreich beauftragt. Darunter „Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030“, eine Untersuchung, die sich nicht nur mit den Risiken des Klimawandels beschäf-tigt, sondern auch mit seinen Chancen für Gastronomie und Hotellerie.

GUTE CHANCEN FÜR ÖSTERREICH

Ihr Resümee: Aufgrund seiner sommer- und wintertouristischen Gesamtperformance ist Österreich laut Welttourismusorganisation (UNWTO) im internationalen Vergleich überdurchschnittlich wettbewerbsfähig. Die Organisation nimmt an, dass Österreichs Tourismus-Marktanteil bis 2030 von derzeit 4,5 % auf etwa 15 % steigen wird. In etwas fassbareren Zahlen bedeutet das, dass österreichische Betriebe im Jahre 2030 rund 33 Millionen internationale Gäste beherbergen werden. Das sind 11 Millionen mehr als 2010. Damit die-se Zahlen auch Realität werden, müssen Gastronomen und Hoteliers aber rechtzeitig auf die geänderten Bedingungen durch den Klimawandel reagieren.

Die Klimaszenarien des Max-Plank-Instituts für Meteorologie in Hamburg zeigen etwa, dass sich für den Zeitraum 2021 bis 2050 in Österreich eine Verlängerung der Sommervor- und -nachsaison und eine Zunahme der Perioden mit komfortablen thermischen Bedingungen für Freizeit und Erholung ergeben. Diesem Wandel im traditionellen Gefüge der Saisonen müssen sich auch die Betriebe mit einem sanften Wandel ihres Angebots anpassen. Regionale Kulinarik, Wandern und Wellness werden wichtiger, Wintersport wird wohl etwas von seiner touristischen Dominanz verlieren. Diesem aus Sicht von Hoteliers und Gastronomen positiven Trend stehen weniger günstige Faktoren entgegen: Die Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Hitzestress, mehr schwüle Tage unter 1.000 m und eine leichte Erhöhung der Tage mit langen Niederschlagsereignissen. Wobei davon die Lagen über 1.000 m nicht betroffen sind. Der Begriff „Sommerfrische“ könnte für den Tourismus also bald wieder an Wohlklang und Strahlkraft gewinnen.

Für den schneeabhängigen Wintersporttourismus werden die Risiken dagegen als hoch bis sehr hoch eingestuft. Betrachtet man die Szenarien für die nächsten Jahrzehnte, ergibt sich für den Winter in Österreich ein mittlerer Temperaturanstieg von etwa 0,5 °C pro Dekade. Das bedeutet, dass bis 2030 die natürliche Schneefallgrenze um ca. 150 m in die Höhe wandern könnte. Keine guten Nachrichten für die rund 130 Wintersportgemeinden, die heute im Übergangsbereich der natürlichen Schneefallgrenze liegen. Bei einer Temperaturerhöhung um 1 °C würden zwar noch zwei Drittel aller Winter-sportgemeinden über einen schneesi-cheren Schneedeckenaufbau verfügen. Die Zahl der Skigebiete unter der natürlichen Schneefallgrenze würde sich aber bis 2030 auf 145 erhöhen.

EINE FRAGE DER LAGE

Je nachdem, wo eine Stadt, Gemeinde oder Region liegt, ist also der Klimawandel mehr oder weniger spürbar und erfordert daher auch größere oder kleinere Anpassungsmaßnahmen. „Unsere Lifte liegen auf 1.100 bis 1.400 m Seehöhe. Ohne Beschneiung würde die Langlauf-wie die Skisaison erst Mitte bis Ende Jänner starten“, erzählt etwa Christine Pollhammer, Geschäftsführerin des steirischen Tourismusverbands Naturpark Almenland. „Die Beschneiung erhöht die Kosten, was bei unseren kleinen Liftanlagen problematisch ist.“ Dafür würden jetzt aber immer mehr Gäste im Teichalmsee auf 1.100 m Seehöhe ba-den, vor zehn Jahren wegen des eiskalten Wassers noch unmöglich. „Wir sind mittlerweile ein richtiges Erholungsgebiet für hitzegeplagte Großstädter geworden“, gibt sie sich zuversichtlich.

Der Klimawandel ist also längst spürbar. Er trifft den österreichischen Tourismus aber nicht so hart wie befürchtet. Denn viele Gemeinden und Regionen entwickeln bereits Konzepte, wie sie damit umgehen. Die Schladming-Dachstein-Region kooperiert etwa mit der deutschen Bahn und den ÖBB, um die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmit-teln aktiv zu bewerben. In der Ramsau wird mittels Snowfarming Schnee kon-serviert und neueste Technik bei den Beschneiungsanlagen hilft Schnee immer stromsparender zu produzieren. Außerdem setzen heute sehr viele Gemeinden, Hoteliers und Liftbetreiber auf dezentrale, ökologisch sinnvolle Kleinwasserkraftwerke.

KLIMAWANDEL UND GASTRONOMIE

Doch nicht nur in den Bergen hat der Klimawandel Auswirkungen. In Städten wie Wien verändern die hohen Temperaturen in der Gastronomie bereits die Gewohnheiten der Gäste. Berndt Querfeld, mit seiner Familie Inhaber von zahlreichen Wiener Café- und Gastronomiebetrieben: „Je heißer, desto weniger Umsatz in der Küche, bei Torten aber auch bei Bier, Wein und sogar Speiseeis. Die Essenszeiten werden an heißen Tagen oft in den späteren Abend verschoben. Außerdem bemerken wir einen Trend des im Freien Sitzens. Das hat sich zu einem richtiggehenden Lebensgefühl entwickelt.“

Querfeld muss deshalb immer öfter in Temperierung, Terassenkühlung mittels Sprühnebel, Klimaanlagen und Sonnenschutz investieren, um attraktiv zu bleiben. Das neue, fast schon südländische Verhalten seiner Gäste hat aber auch seine positiven Seiten. Die Draußensaison wird länger und mit Decken oder Heizgeräten lassen sich auch die zusätzlichen Sitzplätze im Schanigarten viel länger bespielen.

MARKENSTRATEGIE

Der Klimawandel bedeutet aber mehr als Anpassung und steigende Investitionen. Er ist auch eine Möglichkeit, Marken noch klarer zu positionieren und positiv aufzuladen. Wer an Urlaub in Österreich denkt, hat unweigerlich Bilder von schö-ner Natur, sauberer Luft und klarem Wasser im Kopf. Was liegt also näher, als sich auch im Bereich Klimaschutz öffentlichkeitswirksam zu engagieren. Deswegen wurde schon 2016 vom Klima- und Energiefonds in Kooperation mit dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) das Förderprogramm Klimawandel-Anpassungsmodellregionen (KLAR!) initiiert. Ziel des Programmes ist es, Regionen und Gemeinden die Möglichkeit zu geben, sich auf den Klimawandel besser vorzubereiten. Ein anderes Beispiel ist Alpine Pearls. Die Organisation wurde 2006 von 17 Orten aus fünf Alpenstaaten gegründet und zählt heute 23 Mitglieder. Sie will innovative, nachhaltige Tourismusangebote schaffen und Urlaubsorte sowie Sehenswürdigkeiten mit sanfter Mobilität erreichbar machen. Aus Österreich nehmen daran die Gemeinden Hinterstoder, Mallnitz, Neukirchen am Großvenediger, Weißensee und Werfenweng teil. Sie alle müssen, um Teil der Alpine Pearls sein zu dürfen, verschiedene Kriterien erfüllen. Dazu gehört etwa, sich zu den Grundsätzen nachhaltigen Handelns zu bekennenn und ein umweltverträgliches Mobilitätskonzept oder ein regionaltypisches Ortsbild mit alpinem Charakter zu haben. Zusätzlich gibt es Zielkriterien. Dazu gehört, dass die Gemeinden zumindest in einem der Bereiche Biomasse, Wasserkraft, Wind oder Solar regenerative Energie nutzt und die CO2-Belastung so nachweislich senkt. Selbst bei der Kulinarik gibt es klare Vorgaben. So soll die Regionalisierung der heimischen Gastronomie durch Koope-rationen mit der lokalen Landwirtschaft, Bauernmärkte und die Entwicklung regionaler Leitprodukte gefördert werden. Diese Markenstrategie scheint vor dem Hintergrund des wachsenden Klimabe-wusstseins voll aufzugehen: So sind die Seitenaufrufe der Alpine-Pearls-Plattform zwischen August 2018 und August 2019 um 37 % gestiegen.

UMWELTFREUNDLICHER URLAUB

Zu den Unternehmen, die Teil der Alpine Pearls sind, zählt das Travel Charme Bergresort Werfenweng. Hoteldirektor Markus Buchhagen erklärt, warum: „Die Initiative mit ihren Werten und Ansätzen verschafft uns die Möglichkeit, unseren Gästen glaubhaft unseren ,kleinen‘ Bei-trag zum ,großen‘ Thema Klimawandel erlebbar zu machen.“ Werfenweng selbst setzt seit über 20 Jahren aufs Thema umweltschonende Mobilitätsangebote, was auch dem Hotel zugute kommt. Buchhagen: „Wir haben diese Maßnahmen gemeinsam mit der Gemeinde in ein touristisches Produkt verwandelt: die sanft-mobile Gästekarte.“ Konkret heißt das, dass der Urlaubsgast beispielsweise mit der Bahn ankommt, und durch ein Shuttle vom Bahnhof abgeholt wird. Vor Ort steht dann der „E-lois“ zur Verfügung, ein E-Taxi. Wer es lieber individuell hat, kann auf einen Fuhrpark von zehn Elekt-rofahrzeugen und über 100 Spaßmobilen wie E-Bikes oder Segways zurückgreifen. Eine gute Lösung, denn, so Buchhagen: „Das ist einerseits Service, aber auch ein Erlebnis für unsere Gäste. Damit animie-ren wir sie, ihr eigenes Auto im Urlaub stehen zu lassen. Wir würden uns wünschen, dass mehr Betriebe und Gemein-den Schritte in diese Richtung unternehmen.“

ERFOLGREICH MIT NACHHALTIGKEIT

Ein Wunsch, der der Südtiroler Betrieb theiner´s garten bereits umgesetzt hat und dafür mit dem „ClimaHost Preis 2019“ ausgezeichnet wurde. „Wir haben das Hotel rigoros nach den strengsten baubiologischen Richtlinien erbaut, ohne auf den Komfort zu verzichten. Wir sind derzeit bei 7,5 kg CO2 pro Gast und Nacht. Konventionelle Hotels liegen bei 25–50 kg“, erklärt der Biorefugium-Chef Stefan Hütter. Dass weniger oft mehr ist, beweist auch der Naturpark Almenland. Er besteht aus zwölf Gemeinden, die sich gemeinsam zum Ziel gesetzt haben, bis 2020 CO2-neutral zu werden.

Ein Teil dieser Strategie sei auch das Almo-Rindfleisch, meint Christine Pollhammer, die Almenland-Geschäftsführerin: „Kulinarik ist in der Oststeiermark ein ganz wichtiges Thema. Mit dem Almochsenfleisch haben wir ein Leitprodukt für unsere Region, das bei den Almo-Genusswirten richtiggehend zelebriert wird.“ Die Ochsen sind den ganzen Sommer auf der Weide und tragen so dazu bei, dass die jahrhundertealte Kulturlandschaft Almenland Gäste weiterhin begeistern kann. Massentierhaltung mit all ihren negativen Folgen fürs Klima wäre gar nicht möglich. Die Zahl der Tiere auf der Alm wird natürlich durch das vorhandene Futter begrenzt – die Fleischqualität ist entsprechend hoch.

Die Kulinarik wird so verstanden zu einem weiteren Faktor, der Gäste nach Österreich bringt, weil sie die kurzen Wege und die nachhaltige klimaneutrale Produktion schätzen, glaubt auch Mathias Schattleitner, Geschäftsführer der Region Schladming-Dachstein Tourismusmarketing GmbH: „Regionalität ist für unsere Gäste wichtiger als der Preis. Seit Juni 2019 gibt es bei uns deshalb die Almkulinarik by Richard Rauch. Dabei wurden auf neun teilnehmenden Hüt-ten spezielle Gerichte gemeinsam mit Haubenkoch Richard Rauch entwickelt.“ Solche Initiativen lassen sich nicht nur gut vermarkten, sondern locken auch neue Gäste in die Region. Damit wird ein neues Klimabewusstsein zu einem nachhaltigen Gewinn für die Region, die Produzenten, den Tourismus und die Gastronomie.

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