Das Digi-Tier und wir
Artikel erschienen in: ZWEI UND MEHR - Das Familienmagazin / Sommer 2018
Fotos: © Sony Corporation, Universität Wien
Soziale Roboter wurden sowohl zur Unterhaltung, als auch für therapeutische Zwecken entwickelt. Ihr Aussehen ist dafür gemacht, dass wir sie mögen. Aber für wen sind sie wirklich nützlich und sinnvoll?
Während das leise Surren des Staubsaugerroboters das Baby in den Schlaf schnurrt, sitzt der Junior fröhlich am Boden und streichelt seinen metallischen Hundefreund. Der hat im gerade den pinkfarbenen Metall-Knochen artig zurückgebracht und wedelt jetzt vor sich hin. Ist das eine Zukunftsfantasie oder bereits Realität? Werden wir zukünftig lieber Roboter als Haustiere haben?
Roboter-Hund Aibo
Diese Zukunftsvision ist bereits Realität. Denn die Firma Sony brachte bereits 1999 die erste Serie ihres Roboter-Hundes Aibo heraus. Aibo wurde von dem Elektronikkonzern als Spielzeug und Unterhaltungsroboter entwickelt. Er konnte schon damals seine Umgebung mittels Kamera und Mikrofon „wahrnehmen“. Typisch für ihn war ein programmiertes Haushund-ähnliches Verhalten. Aibo lief auf allen vieren, konnte Ohren und Schwanz bewegen und sich auf dem Boden wälzen. Bis zu seinem vorläufigen Verkaufsende 2006 hatte der Roboterhund im asiatischen Raum eine Riesen-Fangemeinde. 2017 wurde er nun neu aufgelegt. Er ist jetzt rundlicher und wird als „unwiderstehlich süß“ mit einer „großen Ausdrucksfähigkeit“ angepriesen. Und damit auch eine wirkliche Bindung zwischen Besitzer und „Haustier“ entsteht hat er jetzt zusätzlich zu zwei Kameras und Mikrophonen auch ein Lernprogramm, kann Daten sammeln und kann sich mit dem Internet verbinden. Er kann, wenn man ihm dafür die Freigabe gibt, die Daten auswerten und eine auf seine Besitzer angepasste „Persönlichkeit“ entwickeln. Aber ist ein Roboter-Hund ein Ersatz für ein richtiges Haustier?
Wofür braucht man Social Robots?
Dipl.-Ing. Peter Mayer vom Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung an der TU Wien, ist spezialisiert auf das Thema Assistive Robotik in der Unterstützung älterer Menschen. Roboter werden in zwei Kategorien eingeteilt: In nicht soziale assistive Roboter und soziale assistive Roboter. Nicht soziale assistive Roboter sind zum Beispiel Hebevorrichtungen in Pflegeheimen, elektrische Rollstühle oder die bereits im normalen Elektronikhandel käuflichen Staubsaugroboter. Unter Soziale Roboter fallen Service Roboter und Companion Roboter. Aber was können und sollen solche Roboter? Dipl.-Ing. Mayer erklärt: „Die Leistung von Robotern bzw. technischer Assistenz liegt meiner Meinung nach in der zeitweisen bzw. gewünschten Ergänzung von persönlicher Betreuung. Die ethische Grenze ist aber dort zu ziehen, wo einer Person eine technische Lösung aufgezwungen wird, um eine persönliche Betreuung einzusparen.“ Es geht also darum Menschen mit schon vorhandenen Einschränkungen mehr Möglichkeiten im Alltag zu verschaffen. Ein Beispiel dafür sind eben auch Soziale Roboter wie die Roboter-Robbe „Paro“, oder die Roboter-Katze „JustoCat“. Beide Roboter sind so entwickelt, dass sie flauschig sind, freundlich aussehen und auf Streicheln positiv mit Bewegung und Geräusch reagieren. Sie „verhalten“ sich also wie ein Haustier. Sie werden bei älteren, demenzerkrankten oder autistischen Menschen eingesetzt. Die zusätzliche Stimulierung durch den Kontakt mit ihnen wirkt sich hier oft positiv aus. Die Menschen genießen diesen Kontakt, es ergibt sich dadurch auch ein neues Gesprächsthema. Eine schöne Ergänzung gerade für Patienten, die z.B. nicht mehr hinaus gehen können, oder generell Kontaktschwierigkeiten haben. Für Mayer ist aber klar: „Ein Ersatz für ein lebendes Haustier können Robots nur insofern sein, als Menschen, die mit der Versorgung eines lebenden Haustiers überfordert wären, eine gewisse, eingeschränkte Alternative bekommen. Für Kinder ist mir der Nutzen eines Companion Robot, außer als zusätzliche therapeutische Maßnahme, nicht ersichtlich. Die Erfahrung mit einem lebenden Tier erscheint mir jedenfalls wertvoller.“
Experten-Meinung:
Univ.-Prof. Dr. Mark Coeckelbergh
Professor für Medien- und Technikphilosphie an der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft der Universität Wien. Er ist Vater von Kindern im Alter von 8 und 10 Jahren.
Wo sehen Sie ethische Grenzen im Einsatz von Social Robots - speziell für Kinder und Familien?
Ein ungelöstes ethisches Problem ist, dass diese Form von Robotern gerade bei verletzlichen und schutzlosen Benutzern wie eben Kindern eine Bindung vortäuschen und damit auch zu einer möglichen Abhängigkeit führen kann. Speziell Roboter mit einer Steuerung via Stimme und Sprache sind hier verwirrend und irreführend. Ein weiteres Problem ist, dass die jungen Benutzer leicht glauben, dass diese Form von sozialem Umgang mit dem Roboter normal ist. Vergleicht man sie aber mit menschlichem Umgang ist sie natürlich viel weniger reich an z.B. Ausdruck und komplex. Weiters darf man bei diesem Thema auch die Daten und den Privatsphäreschutz nicht vergessen. Denn Roboter können verschiedene Daten aufzeichnen und es ist nicht immer klar, wohin diese Daten gehen. Normalerweise bekommt Sie die Firma, die denn Roboter erzeugt hat. Aber was macht sie dann damit? Wer hat aller Zugriff darauf? Das alles sind im Moment noch ungelöste Probleme.
Würden Sie Ihren eigenen Kindern einen Social Robot erlauben bzw. kaufen?
Aus den oben angeführten Gründen – vor allem in jungen Jahren – nein. Gleichzeitig bin ich aber der Meinung, dass es gut ist, wenn Kinder Kontakt mit neuen Technologien haben. Es ist also durchaus sinnvoll von Zeit zu Zeit eine Form von Interaktion zu ermöglichen und zuzulassen. Vor allem ältere Kinder sollten lernen mit Technik und Technologie, und das beinhaltet auch Roboter, umzugehen. Unsere Aufgabe ist es den Kindern beizubringen nicht nur auf Roboter zu reagieren, sondern den Umgang mit der Technologie im täglichen Leben zu erlernen.